Mit ca. 8 Jahren habe ich meine ersten Wüstenrennmäuse bekommen. Unter diesem Namen wurden sie meiner Mutter und mir zumindest im Zooladen verkauft. Dazu ein kleines Plastiknagarium, Futter, ein kleines Häuschen und Streupellets. Mehr brauchen solche Tiere doch nicht… oder?
Ich nannte sie Pit und Pit weil man sie nicht auseinander halten konnte. Jemand kam auf die Idee eine Maus mit einem Eddingstrich zu markieren. Seitdem hießen Sie Venus und Merkur. Sowas schadet doch nicht… oder?
Mit 12 Jahren wurden mir 2 Hamster geschenkt. Ein Nagarium war ja noch da und so wohnten nach den Rennern dort 2 dsungarische Zwerghamster. Puselocke und Bounty lebten natürlich zusammen und spielten auch immer ganz toll miteinander… oder doch nicht?
Auch sie bekamen die Streupellets, ein Kartonhäuschen sowie ein kleines Metallrad mit offener Sprossenlauffläche und seitlichen Metallstreben. Es dauerte nicht lange, da hing Puselocke in den seitlichen Streben und Bounty versuchte im Rad zu rennen. In der Nacht starb Puselocke. Vermutlich an den massiven inneren Vereltzungen und Knochenbrüchen. Ein tragischer Unfall oder hätte man es verhindern können?
Ich war 15 als ich von einem Freund der Familie einen Chinchilla und einen Degu übernommen habe. Chilli und Diego lebten zusammen auf einer Grundfläche von ca. 0,72m² bei einer Höhe von etwa 170cm. Ausreichend, oder?
Beide fraßen identisches Pelletfutter aus dem Zooladen und lebten glücklich und zufrieden miteinander. Diego ging es irgendwann schlecht und ich ging zum Tierarzt. Dort stellte sich heraus, dass Diego eine Gebärmutter hatte und diese entzündet war. Daran starb Diega dann auch kurze Zeit später. Chilli folgte ihr kurz darauf. Sicher aus Trauer und nicht wegen der schlechten Haltung und Einsamkeit, oder?
Spencer, ein Goldhamster, zog bei mir ein, da muss ich etwa 17 gewesen sein. Mittlerweile waren die Haltungsinfos andere und so bekam er einen tollen Gitterkäfig mit einem richtig hübschen Tunnelsystem aus Kunststoff und mehreren Ebenen. Außerdem liebte er es in seinem Joggingball durch die Wohnung zu flitzen. Eines Tages lag er jedoch einfach tot im Käfig. Wäre das zu verhindern gewesen?
Endlich 18. Eigene Entscheidungen treffen. Verliebt bis über beide Ohren kaufte ich mir mit meinem Freund Ratten. Wir fanden die Idee toll, die Ratten auf unserer Schulter sitzen und in der Kapuze schlafen zu lassen. Im Zooladen bekamen wir alles, was wir brauchten. Tolles, teures Futter, einen „großen“ Käfig mit vielen Etagen und einer Grundfläche von ca. 0,5m² bei einer Höhe von ca. 160cm. Wir fühlten uns richtig gut beraten. So lebten Hatschi und Gismo etwa 2,5 Jahre bis sie beide kurz hintereinander wegen Atemwegsinfekten eingeschläfert werden mussten. Bis dahin hatten sie aber ein gutes Leben… oder?
Von zu Hause ausgezogen, mit dem Partner in eine Wohnung. Jetzt fehlt nur noch ein Haustier zum richtigen Wohlfühlen. Nur mal zum gucken in den Tierladen gefahren und mit 3 turkmenischen Maushamstern und einem Ferplast Duna Fun Käfig wieder nach Hause gekommen. Was für tolle Tiere. In diesem Miniknast ließen sie sich auch super beobachten und die 3 waren richtig happy.
Etwa 2 Monate später war ich wieder zum Futter kaufen in dem Tierladen. Dort wurde mir noch ein vierter turkmenischer Maushamster in die Hand gedrückt, weil der von einem Wurf übrig war und keinesfalls allein sitzen sollte. Für die Vergesellschaftung sollte ich einfach eine Knoblauchzehe etwas in der Hand verreiben und dann die einzelnen Tiere damit anfassen. So haben alle den selben Geruch und in der Badewanne als neutraler Boden klappt dann auch eine Vergesellschaftung. Hat tatsächlich geklappt, dennoch möchte ich von dieser Technik strikt abraten.
Für 4 Tiere war der Käfig doch etwas klein und ich fuhr zu einem anderen Tierladen, wo ich früher auch mal ein Praktikum gemacht hatte. Von dort hatte ich auch früher mal Reptilien und Spinnen, doch die gehören natürlich nicht in den Nagerama-Bereich, weswegen ich sie hier nicht aufzähle.
Dort bekam ich meinen ersten Habitrailkäfig. Was für ein cooles System. Ich habe noch einige Teile teuer über die Kleinanzeigen dazu gekauft, sodass ich später ein richtiges Tunnel-Käfig-System hatte und mächtig stolz war. Egal wer uns besuchte, dieses System wurde von allen bewundert… Doch beeindruckende Optik macht längst keine artgerechte Haltung.
Immer mal wieder googelte ich nach Turkemnischen Maushamstern, doch so richtige Infos fand man nicht. Bis ich eines Tages endlich eine super informative Homepage nebst Forum fand und feststellen musste, dass alle meine Tiere miserabal gehalten wurden. Was habe ich mich schlecht gefühlt. Gitter, Plastik, kleine Räder, alles viel zu klein. Gefühlt hatte ich bis dato alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann.
Nach unzähligen Tränen und einem riesigen schlechten Gewissen planten mein Lebensgefährte und ich ein Gehege für die Maushamster. 120cm breit, 60cm tief und 240cm hoch. Mit der Option es in der Höhe zu unterteilen. Wir gestalteten das neue Gehege richtig naturnah. Mit Korkrückwand und Vorsprüngen, Korkröhren usw. Es sah wunderbar aus. Leider verkrafteten die Maushamster den Umzug nicht so gut und fingen an sich zu bekriegen. Daraufhin gab ich ein Mädel zu einer Pflegestelle in der sie neue vergesellschaftet wurde.
Die Maushamster legten meinen Grundstein zur artgerechten Haltung und waren auch Schuld daran, dass bald nicht nur 3 Maushamster mit Ihrem riesigen Gehege im Wohnzimmer lebten, sondern eine 12-köpfige Gruppe Farbmäuse von einer Pflegestelle in einen weiteren Nagerschrank einzog.
Leider sind in einer Nacht ganz plötzlich alle 3 Maushamster verstorben. Erst später hatte ich erfahren, dass ich sie hätte obduzieren lassen können. Sowohl mir, als auch der Pflegestelle war und bleibt es ein Rätsel wie es dazu kam.
Von da an, gab es nur noch den Maushaufen. Artgerechte Farbmaushaltung fing damals ab 4 Tieren an. Dementsprechend musste man immer mal wieder neu Vergesellschaften. Durch Veränderungen meiner Lebensumstände passte die Farbmaushaltung irgendwann nicht mehr und ich gab die letzten 3 in artgerechte Haltung ab. Den Nagerschrank habe ich verkauft.
So ganz ohne Tiere konnte ich aber einfach nicht bleiben und suchte nach einem Tier, welches nicht sehr zeitintensiv ist und in ein Leben passt, bei dem ich durchaus von 9 bis 21 Uhr außer Haus sein kann. Und so kam ich (erneut) zum Hamster. Meine ersten Gehege waren aus Platten aus dem Baumarkt selbst gebaut. Wir entschieden uns direkt für 0,8m² und bauten 2 Gehege. Als alles fertig und artgerecht eingerichtet war, zogen nach einer Quarantänezeit mit Kotprobe etc. jeweils der Mittelhamstermann Bacon und seine Schwester Uschi bei uns ein.
Mittlerweile lebe ich ohne Partner in meiner eigenen Wohnung und habe aus meinem Esszimmer ein Hamsterzimmer gemacht. Die „kleinen“ 0,8m² Gehege gibt es nicht mehr. Diese habe ich zu einem 200x80cm Gehege verbunden. Außerdem habe ich noch ein Aquarium mit 0,9m², in dem zum aktuellen Zeitpunkt der Mittelhamster Herr von Bödefeld wohnt. Außerdem ist noch ein Schwerlastregal bei mir eingezogen, in dem 3 OSB Terrarien mit einer jeweiligen Grundfläche von 1,2m² Platz gefunden haben. Momentan wird davon nur eines von der Hybridin Talia bewohnt. Aber sicher werden schon bald die anderen Gehege auch wieder bewohnt werden und kleinen Hamsterseelen ein artgerechtes Leben schenken.
Niemand kommt auf die Welt und weiß alles über artgerechte Haltung. Wichtig ist nur, dass man sich Fehler eingesteht und es dann besser macht, wenn man es besser weiß. Heute, gut 25 Jahre nach Pit und Pit/Venus und Merkur ist die artgerechte Haltung nicht mehr weg zu denken aus meinem Leben und ich würde niemals wieder ein Tier adoptieren ohne ihm eine artgerechte Haltung bieten zu können. Und so lernte ich all die Jahre immer dazu und auch heute noch täglich mehr. Denn artgerechte Haltung wandelt sich immer weiter. Es müssen noch immer viele Mythen aus dem Weg geräumt und Wissen neu hinterfragt werden.
Das ist meine Geschichte, wie ich vom kindlichen Tierquäler (eben weil ich es nicht besser wusste) zum Vorreiter der artgerechten Haltung und verbunden mit der Beratung und dem Hinterfragen auch zur Admin der größten facebook-Hamstergruppen und Blogschreiberin wurde.
Eure Jule
P.S. An dieser Stelle möchte ich mich bei all meinen nicht artgerecht gehaltenen Tieren entschuldigen. Euch bin ich es schuldig immer weiter über artgerechte Haltung aufzuklären und nicht müde zu werden.
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